Nach langem politischem Gezerre beschloss der Nationalrat heute eine Novelle des Tierschutzgesetzes und des Tiertransportgesetzes. Zeitgleich verlautbart die Regierung eine Novelle der 1. Tierhaltungsverordnung, welche die Haltung landwirtschaftlich genutzter Tiere regelt.
In diesen Novellen gibt es einige Verbesserungen für den Tierschutz. So wird die ununterbrochene Anbindehaltung von Kühen endlich verboten (wenn auch leider erst ab 2030, und auch dann können die Kühe noch während drei Vierteln eines Jahres angebunden gehalten werden). Wachteln, Junghennen und Zuchthühner dürfen ab 2031 (mit wenigen Ausnahmen) nicht mehr in Käfigen gehalten werden. Die Verwendung von qualzuchtbetroffenen Tieren in der Werbung wird untersagt. Die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen wird auf Verfahren nach dem Tiertransportgesetz erweitert.
Im Zentrum der Debatte stand jedoch die tierschutzwidrige Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden, die dank einer massiven Kampagne des Vereins gegen Tierfabriken der breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht wurde, was entsprechenden Druck auf die Politik erzeugte. Vorige Woche ließ die Regierung dann weißen Rauch aufsteigen – es gebe eine Einigung, die Vollspaltenböden sollen verboten werden.
Die anfängliche Freude verflog bei näherem Hinsehen aber rasch (lesen Sie hier die Analyse der Tierschutzombudsstelle Wien). Denn zunächst wird nur (für Neu- und Umbauten) ein Vollspaltenboden-System mit partiell verringerter Spaltendichte eingeführt (Vollspaltenboden „neu“). Welches Haltungssystem in Zukunft gelten soll, soll erst bis 2028 erarbeitet werden. Inwiefern dann auf die Bedürfnisse der Tiere Rücksicht genommen wird, steht in den Sternen. Bestehende Vollspaltenböden dürfen bis Ende 2039 und in den nächsten sechs Jahren errichtete Vollspaltenböden „neu“ dürfen 23 Jahre ab Errichtung betrieben werden. Erst ab 2052 muss also in Österreich kein Schwein mehr auf Vollspaltenböden leiden – wenn 2028 eine Regelung ohne Vollspaltenböden beschlossen wird und wenn die Übergangsfristen nicht vor ihrem Ablauf auf unbestimmte Zeit verlängert werden (wie etwa bei der Qualzucht geschehen).
Die Beton-Fraktion, die entgegen aller Evidenz (vgl. die Erfolgsgeschichte des Käfigverbots in der Legehennenhaltung) das Heil der Bauern in der Tierausbeutung wähnt, hat also ihre Verzögerungstaktik weitgehend durchgesetzt.
Wir bleiben daher bei der Schlussfolgerung, die wir schon nach der Nationalratsentschließung vom Dezember 2021 zogen. Derzeit werden in Österreich pro Jahr ca. 5 Millionen Schweine geschlachtet. Die Regierung hat das Ziel formuliert, dass im Jahr 2030 eine Million davon bio oder zumindest mit Stroh aufwachsen soll. Da der Konsum von Schweinefleisch aus Gesundheits- und Klimaschutzgründen ohnehin stark zu reduzieren ist, soll er um vier Fünftel auf jene Million Schweine im Jahr sinken, die auf Stroh gehalten werden sollen. Helfen Sie bitte mit!