Offener Brief an Bundesminister Rauch und die Abgeordneten zum Nationalrat zur Novelle des Tierschutzgesetzes fordert Umsetzung des seit 17 Jahren beschlossenen Qualzuchtverbotes!

Wenn Tiere unter schlechten Haltungsbedingungen leiden, kann die Haltung verbessert werden. Aber worauf sollen Tiere hoffen, denen das Leiden in die Gene geschrieben wurde? Die so gezüchtet wurden, dass sie ihr Leben lang unter Atemnot leiden, unter Lähmungserscheinungen, Nervenschmerzen oder Entzündungen? Denen Blindheit oder Taubheit angezüchtet oder wichtige Körperteile wie Fell oder Schwanz weggezüchtet wurden? Die ihre Jungen kaum noch ohne Kaiserschnitt zu Welt bringen können?

Diese Praxis, leidende Tiere zu züchten, auch Qualzucht oder Defektzucht genannt, ist durch das Bundes-Tierschutzgesetz von 2005 zurecht als Tierquälerei verboten. Und auch wieder nicht, denn durch den § 44 Abs. 17 des Tierschutzgesetzes wurde eine „Übergangsbestimmung“ eingeführt, die bis Ende 2017 gelten sollte, dann aber ohne weitere Frist verlängert wurde. In ein und demselben Gesetz wird also Qualzucht als Tierquälerei verboten und dennoch weiterhin ermöglicht, sodass sich die Lage der zu lebenslangem Leid verdammten Tiere mehr als 17 Jahre nach Inkrafttreten des Tierschutzgesetzes kein bisschen verbessert hat.

Es war daher nur folgerichtig, dass der Nationalrat mit breiter Mehrheit in seiner Entschließung vom 15. Dezember 2021 gefordert hat, den § 44 Abs. 17 aus dem Tierschutzgesetz zu streichen. Doch im Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes, der aktuell in Begutachtung ist, wird dieser Forderung nicht entsprochen. Würde der Entwurf wie vorgelegt beschlossen, bliebe der § 44 Abs. 17 bestehen und damit das Verbot der Qualzucht weiterhin ausgehebelt. Weitere Generationen von Hunden, Katzen und anderen Tieren würden schwerem Leid ausgesetzt werden.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses offenen Briefes, rufen Sie daher auf, keine Novelle des Tierschutzgesetzes zu beschließen, mit der der § 44 Abs. 17 nicht ersatzlos und mit sofortiger Wirkung gestrichen wird. Es gibt keine Legitimation dafür, weitere Generationen von Tieren schwerem Leid durch Züchtung auszusetzen. Mehr als 17 Jahre nach Inkrafttreten des Tierschutzgesetzes muss das Verbot der Qualzucht endlich wirksam werden.

Hochachtungsvoll,

Andrea und Walter Hohl

Mitunterzeichnerinnen und Mitunterzeichner:

  • pro-tier – Verband Österreichischer Tierschutzorganisationen
  • Tierschutzombudsstelle Vorarlberg
  • Tierschutzombudsstelle Wien
  • Verein gegen Tierfabriken
  • Tierschutzorganisation Pfotenhilfe
  • Tierschutz Austria
  • Österreichischer Tierschutzverein
  • Verein animal.fair
  • Grünes Tierschutzforum
  • Johanna Dichand
  • Dr. Rudolf Winkelmayer, Amtstierarzt und Fachtierarzt für Kleintiere (i.R.)
  • Dr. Andrea Schnattinger, Wiener Umweltanwältin
  • Monica Weinzettl, Schauspielerin und Kabarettistin
  • Gerold Rudle, Schauspieler und Kabarettist
  • Dr. Karin Büchl-Krammerstätter, Leiterin der Stadt Wien – Umweltschutz
  • Shifting Values, Nicolas Entrup

Durch den Kauf ihres Hundes Vigo, einer Französischen Bulldogge, von einer österreichischen Züchterin wurde Familie Hohl auf das Thema Qualzucht aufmerksam und setzt sich seither auf verschiedenen Ebenen vehement dagegen ein. Der Versuch, die Züchterin gerichtlich von weiterer Qualzucht abzuhalten, ist gescheitert. Zwar stellte der Gerichtssachverständige fest, dass Vigo in vielerlei Hinsicht von Qualzucht betroffen ist, aber die Züchterin wurde aufgrund des § 44 Abs. 17 TSchG freigesprochen. Wie Französische Bulldoggen allgemein, leidet Vigo u.a. an ständiger Atemnot und Skelettdeformationen und benötigte aufwändige Operationen.