Warum Fische einen Imagewandel brauchen.

…fischt frische Fische – ist nicht nur der Anfang eines Zungenbrechers, sondern bezeichnet auch den Zugang der meisten Menschen zu Fischen: als Nahrungsmittel. Doch Fische sind viel mehr als das.

Sie zählen wie der Mensch zu den Wirbeltieren und umfassen über 33 000 verschiedene Arten – mehr als alle Reptilien-, Amphibien-, Vogel- und Säugetierarten zusammen. Diese Vielzahl an Arten bewohnt die unterschiedlichsten Lebensräume, wobei manche Arten nur in begrenzten Gebieten vorkommen und andere, wie die Lachse, lange Wanderungen durch Weltmeere und Flüsse auf sich nehmen. Auch der Übergang vom Wasser zum Land wird von amphibisch lebenden Fischen bewohnt, welche an der Luft beispielsweise über die Haut oder sogar ihren Darm atmen können. Einige Arten verfügen auch über Lungen und können innerhalb eines selbstgebauten Kokons mehrere Jahre an Land überleben.

So verschieden wie ihre Lebensräume sind auch ihre Größe, ihr Aussehen und ihre Lebensweisen.

Der kleinste Fisch ist nur wenige Millimeter groß und der Größte kann bis zu 10m lang werden. Der älteste Fisch wurde auf über 500 Jahre geschätzt – das höchste Alter aller Wirbeltiere überhaupt. Während manche Fischarten einzeln leben, kommen andere in großen Schwärmen vor. Vor allem in Gruppen lebende Fische verfügen über ein deutlich ausgeprägteres Sozialverhalten als lange angenommen: Fische kommunizieren miteinander über Laute, chemische Signale oder Körpersprache, wobei sie ihr Gegenüber manchmal auch zu täuschen versuchen. Häufig kooperieren Individuen miteinander z.B. für den Beutefang – sogar über Artgrenzen hinaus – und achten dabei genau auf das Verhalten der Kooperationspartner. Sollte dieses unfair oder nicht verlässlich sein, werden zukünftig andere Individuen für eine Zusammenarbeit gewählt. Bei einigen Fischarten wurden bereits wissenschaftliche Studien zu Persönlichkeitsunterschieden durchgeführt, bei denen individuelle Charaktermerkmale festgestellt werden konnten. Bei brutpflegenden Arten wird der Charakter der Jungtiere unter anderem dadurch beeinflusst, wie gut die Fürsorge durch die Eltern war. Die höhere Anfälligkeit von Individuen gegenüber Stress als Folge von mangelnder Brutpflege bei Fischen ist vergleichbar mit anderen Tiergruppen inklusive dem Menschen.

Doch auch in anderen Hinsichten ähneln Fische terrestrischen Tiergruppen: Bei Versuchen mit verschiedensten Fischarten wurde gezeigt, dass diese bei der Einschätzung unterschiedlich großer Mengen über ebenso gute Fähigkeiten wie Säugetiere oder Vögel verfügen. Darüber hinaus können sie zwischen symmetrischen und unsymmetrischen Objekten differenzieren, aber auch, wie Menschen, optischen Täuschungen unterliegen.

Auch „höhere“ kognitive Fähigkeiten, wie das Erlernen von Fähigkeiten von Artgenossen oder der Gebrauch von Werkzeug, konnten bei Fischen nachgewiesen werden und sogar der Spiegeltest, ein Test, der in der Verhaltensbiologie als Hinweis für vorhandenes Bewusstsein über das eigene Selbst gilt, wurde bereits von einer Fischart, dem Blaustreifen-Putzerlippfisch (Labroides dimidiatus), erfolgreich bestanden – Menschen sind hierzu ab einem Alter von rund 2 Jahren fähig.

Blaustreifen-Putzerlippfisch

Blaustreifen-Putzerlippfisch

Fische sind demnach deutlich intelligenter und vielseitiger als häufig angenommen und auch das legendäre „Goldfischgehirn“, das sich keine Information länger als 3 Sekunden merken könne, wurde mittlerweile als Mythos entlarvt. Es ist höchste Zeit, unsere Meinung über Fische und unseren Umgang mit Fischen grundlegend zu überdenken – und vielleicht sollte auch der Zungenbrecher geändert werden von „Fischers Fritz fischt frische Fische“ zu „Fischers Fritz findet Fische faszinierend“?