Gestern kam es zu einem Tierdrama in Österreich, bei dem 685 Schweine ihr Leben verloren. Vorgestern übrigens auch. Und vorvorgestern. In Österreichs Ställen scheiden nämlich an jedem Tag eines Jahres durchschnittlich 685 Schweine vorzeitig aus dem Leben – ein Viertelmillion Tiere pro Jahr. Und hier sind die Ferkel gar nicht mitgezählt, sondern nur jene Schweine, die bereits ein Gewicht von mindestens 30 Kilo erreicht hatten. Willkommen in der Realität der österreichischen „Schweineproduktion“.

Sie finden, hier müsste dringend etwas verbessert werden? Nun, das sehen nicht alle so. Die ÖVP hat sich sehr vehement – und letztlich erfolgreich – dafür verwendet, dass die bisherige Form der Schweinehaltung in Vollspaltenbuchten fortgeführt werden soll. Nur das Verhältnis zwischen Spalten und Betonfläche soll sich (bei Neubauten) ändern. So hat es der Nationalrat vergangene Woche beschlossen.

Möglicherweise kennen die Landwirtschaftskammer und der Bauernbund ja gute Beispiele für Branchen, die erfolgreich waren, indem sie sich an völlig veraltete Technologie anklammerten. Dann können sie ja Lehrgänge für alternative Fakten in der Unternehmensführung veranstalten: „Erfolg durch Verweigerung zukunftsorientierten Handelns“ wäre ein möglicher Titel.

Um der Regierung nicht unrecht zu tun, sei auch auf das positive Element des Beschlusses in Bezug auf die Schweinehaltung verwiesen: Bis 2030 soll die Anzahl der Schweine, die bio oder zumindest mit Stroh (AMA-Zusatzmodul „Mehr Tierwohl“) aufwachsen, auf eine Million vervielfacht werden. Das wäre etwa ein Fünftel der jährlich in Österreich geschlachteten Schweine.

Dieses Ziel trifft sich gut mit einigen der entscheidenden Zukunftsfragen und Krisen unserer Zeit: der Klimakrise, der Pandemie und der Biodiversitätskrise.

  • Pandemie: Der renommierte Virologe Christian Drosten sagte am 11. November 2021 in einem Interview in der „Zeit“: „Was wir hier mit den Schweinen machen, ist auch nicht gut. Die würden in der Natur nie in solchen Herdengrößen auftreten. Eine wachsende Menschheit mit einem wachsenden Fleischhunger: Hier steckt das Risiko für künftige Pandemien.“
  • Klima und Biodiversität: Um unserer Gesundheit willen sollten wir unseren Fleischkonsum mindestens halbieren (Empfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung), aus Umweltsicht aber wohl eher dritteln oder vierteln. Derzeit belegt die Futtermittelproduktion gut die Hälfte des Ackerlandes in Österreich, das sind 668.000 Hektar. Das Grünland (von dem etwa die Hälfte intensiv bewirtschaftet wird) ist hier gar nicht einberechnet. Wir brauchen diese Flächen aber, um durch nachwachsende Rohstoffe und Energiepflanzen aus dem Ölzeitalter zu entkommen, und um der Biodiversität wieder Platz zu geben.

Bei der österreichischen Schweinebranche kommt noch importierte Gentech-Soja aus Südamerika als weiterer Negativfaktor hinzu. Sie drängt sich also geradezu auf, einen überproportionalen Beitrag zur Fleischreduktion zu leisten. Das Ziel muss daher lauten, die Zahl der in Österreich gehaltenen Schweine um 80% auf jene Million zu reduzieren, die künftig auf Stroh gehalten werden soll.

So werden wir die tierquälerischen Spaltenböden doch noch los, verbessern unsere Gesundheit und Lebensqualität, geben der Artenvielfalt mehr Raum und erfüllen unsere Sorgfaltspflicht gegenüber künftigen Generationen. Auf geht’s!