Haie waren in den letzten Jahrzehnten Stiefkinder des internationalen Artenschutzes. Nicht süß, nicht flauschig, unsichtbar im Meer … und dann auch noch große Zähne. Fürchten müssen wir aber nicht die Haie, sondern ihr Aussterben – denn Haie erfüllen eine immens wichtige Funktion im Ökosystem Ozean, von dem wir alle abhängen.
Heute ist weltweit jede zweite Hai-Art gefährdet. Grund dafür ist neben der Zerstörung des Lebensraums von Haien auch der Handel mit ihrem Fleisch und ihren Flossen, dem jedes Jahr mehr als 100 Millionen Haie zum Opfer fallen. Hauptdrehscheiben dieses Handels sind Hongkong, Taiwan und Singapur. Jedoch wird die Rolle der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) als Lieferanten von Haifleisch und -flossen oft unterschätzt. Im Zeitraum von 2003 bis 2020 kamen durchschnittlich 28% der Lieferungen von Haiflossen auf die Marktplätze Hongkong, Taiwan und Singapur aus der EU, vor allem aus Spanien – in absoluten Zahlen 10.465 Tonnen pro Jahr. Im Jahr 2020 betrug der EU-Anteil sogar 45%!
Dieser Handel geschieht weitgehend unreguliert. Nur sehr wenige Hai-Arten sind vom Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) erfasst, das den internationalen Handel so regeln soll, dass Arten nicht aufgrund des Handels aussterben. Überdies ist bei abgetrennten Flossen und bei Fleisch kaum noch festzustellen, von welcher Art sie stammen. So werden die Flossen vom Aussterben bedrohter Haie zusammen mit solchen von noch häufigeren Arten gehandelt.
Im März 2022 veröffentlichte der International Fund for Animal Welfare (IFAW) den Bericht Supply and Demand: The EU’s role in the global shark trade, der die Rolle der EU-Staaten im globalen Handel mit Haiflossen und -fleisch aufzeigt und Maßnahmen zum Schutz der Tiere einfordert.
Eine zentrale Forderung ist, die vom Handel betroffenen Hai-Arten in Anhang II von CITES aufzunehmen. Dadurch würde der Handel Aus- und Einfuhrgenehmigungen der Artenhandelsbehörden benötigen, womit nachvollziehbar würde, welche Arten wie stark betroffen sind und in welchem Ausmaß sie vom Handel gefährdet werden.
Die EU hat selbst einen wichtigen Schritt in diese Richtung gesetzt und für die im November stattfindende CITES-Vertragsstaatenkonferenz die Aufnahme der Familie der Hammerhaie in Anhang II vorgeschlagen. Das Gastgeberland der Konferenz, Panama, hat den Hai in das Konferenzlogo aufgenommen und wird selbst einen Antrag auf Listung der Familie der Requiemhaie einbringen. Die EU, die bei CITES immer als einheitlicher Block abstimmt, ist hier aufgerufen, sich ihrer Verantwortung für den Haischutz zu stellen und den Antrag Panamas mitzuunterzeichnen.
Europa hat die Wahl, ob es bei der Gefährdung oder beim Schutz der Haie eine zentrale Rolle spielen will.
Weiterführende Links:
https://www.krone.at/2697123
https://science.apa.at/power-search/7131517283258240925