Manchmal kann einem die Politik schon leidtun. Ein Beispiel dafür ist die Verordnung zur Lebensmittelkennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung, deren Begutachtungsfrist am 10. Jänner endete.

Für die Tiere, die Konsument*innen und die zukunftsorientierten Bäuerinnen und Bauern wäre eine Tierwohlkennzeichnung die beste Lösung. Die Gründe dafür haben wir hier ausgeführt. Vorgelegt wurde jetzt hingegen eine Verordnung über die Herkunft von Zutaten in Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung, die dem Konsumenten keine Information über die Herkunft der Speise auf seinem Teller gibt und die für einen Großteil der Gemeinschaftsverpflegung gar nicht gilt. Wie kommt es zu so einem Bauchfleck? Wir könnten uns das leicht überspitzt so vorstellen:

Auftritt Agrarlobby: „Tierwohlkennzeichnung? Seid’s wo angrennt? Da müssten wir den Leuten ja sagen, dass in Österreich die allermeisten Schweine unter tierquälerischen Bedingungen gehalten werden! Und das, nachdem wir ihnen so erfolgreich eingetrichtert haben, dass sie beim Einkauf nur auf die österreichische Fahne achten müssen, weil in Österreich wird alles richtig gemacht!“

OK, also dann keine Tierwohlkennzeichnung, sondern eine Herkunftskennzeichnung.

Auftritt Wirtschaftskammer: „Herkunftskennzeichnung? Aber sicher nicht mit uns! Es ist den Betrieben nicht zuzumuten, dass sie ihren Kunden sagen, was sie ihnen auftischen. Außerdem schaut es deppert aus, wenn da steht ‚Wiener Kalbsschnitzel, Herkunft: Niederlande‘ oder ‚Steirischer Backhendlsalat, Herkunft: Polen‘. Also bitte die Gastronomie ausnehmen, gell?“

OK, aber wie der Bevölkerung erklären? Idee: Wir schreiben in die Verordnung ein paar Vorschriften für nur jene Gastronomiebetriebe, die die Herkunft jetzt schon freiwillig ausloben.

Auftritt Großküchen: „Leutln, wie stellt’s euch das vor? Die Lebensmittel sind doch der Bereich. wo gespart werden muss, da gibt’s kein Budget für etwas anderes als das Billigste. Und das kommt vielleicht heute aus Polen, aber morgen vielleicht aus Brasilien und übermorgen aus Thailand. Viel zu kompliziert, da ständig die Angaben zu wechseln. Das könnt ihr uns doch nicht antun!“

OK, aber wenn wir das auch noch streichen, bleibt ja gar nichts mehr übrig. Idee: Wir ermöglichen eine über ein Jahr gemittelte Angabe, z.B. „Im Jahr XY bezogen wir Hühnerfleisch zu 25% aus Österreich, zu 50% aus EU-Staaten und zu 25% aus Nicht-EU-Staaten.“ So kann de facto alles beim Alten bleiben, und wir können trotzdem behaupten, wir hätten eine Speisenkennzeichnung eingeführt. Und so geschah es …