Es ist schon erstaunlich. Kaum ein Umweltproblem, mit dem man sich beschäftigen kann, ohne auf das Thema Fleisch zu kommen. So auch jüngst wieder anlässlich der Klage der Organisation AllRise gegen Jair Bolsonaro vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Der brasilianische Präsident wird beschuldigt, durch die forcierte Waldzerstörung den Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu erfüllen.

Die Waldzerstörung im Amazonas und anderen Regionen Brasiliens hat viele Ursachen, darunter die Gier nach Holz, Gold – und Fleisch. Die Fleischproduktion benötigt vor allem eines: viel Fläche. Fläche, die für die natürlichen Pflanzen- und Tiergemeinschaften verloren ist. Fläche, auf der Futtermittel statt Lebensmittel produziert werden. Fläche, auf der massenhaft Treibhausgase freigesetzt statt gebunden werden.

In Brasilien ist die Anbaufläche für Soja zwischen 1970 und 2017 von eineinhalb auf 34 Millionen Hektar explodiert. Dieses Soja wird nicht etwa für die menschliche Ernährung verwendet, sondern an Schweine, Hühner, Puten und Rinder auf der ganzen Welt verfüttert. Der Verbrauch von Geflügelfleisch in der EU belegt nur für die Sojaproduktion (also zusätzlich zu all dem Futtergetreide) weltweit geschätzte 3,2 Mio. Hektar (zum Vergleich: Österreich hat 1,3 Mio. ha Ackerfläche).

Das österreichische Landwirtschaftsministerium fasst diese Situation so zusammen: „Die meisten Proteine werden nicht direkt vom Menschen konsumiert, sondern als Futter zur Erzeugung tierischer Lebensmittel eingesetzt. Dies … führt zu einem Proteinbedarf, welcher zum Teil über Importe gedeckt werden muss. Gerade in Verbindung mit Landnutzungsänderungen bzw. Urwaldrodungen in anderen Kontinenten kommt importierten Lebens- und Futtermitteln teilweise eine sehr negative Klima- und Umweltwirkung zu.“

Die EU-Staaten importierten 2019 mehr als 30 Millionen Tonnen Soja (mehr als das 10-fache der Eigenproduktion), davon 13,7 Mio. t aus Brasilien und etwa 95% gentechnisch verändert. Deutschland importiert an die sechs Millionen Tonnen Soja für Tierfutter, Österreich etwa eine halbe Million. Nur etwa ein Viertel davon ist als „entwaldungsfrei“ zertifiziert.

Eine jüngst in Science erschienene Studie schätzt, dass 20% des Sojas und 17% des Rindfleisches, das aus dem Amazonas und dem Cerrado in die EU-Staaten exportiert wird, mit illegaler Entwaldung verbunden ist.

Rindfleisch? Ja, Europa importiert (neben massig Geflügelfleisch) jährlich auch etwa 120.000 Tonnen Rindfleisch aus Brasilien, das entspricht einem Entwaldungsrisiko von mehr als 3.000 Hektar jedes Jahr.

Uff! Was tun? Zumindest was den Anteil unseres Fleischkonsums an der Naturzerstörung in Brasilien betrifft, liegt die Lösung auf der Hand. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich konsumieren wir doppelt so viel Fleisch wie die offiziellen Ernährungsrichtlinien als Maximum vorsehen. Das heißt: Alleine durch die Eliminierung der überschüssigen, gesundheitsschädlichen Hälfte unseres Fleischkonsums wäre das Problem zu lösen.

Ein kleines (stark vereinfachtes, Entschuldigung) Rechenbeispiel: Österreich produzierte im Jahr 2020 auf 68.500 Hektar Ackerland 200.000 Tonnen Soja – etwa zu gleichen Teilen für die menschliche Ernährung und für Tierfutter. Derzeit werden also etwa 600.000 Tonnen Soja als Futter verwendet (100.000 t aus Eigenproduktion, 500.000 t Importe). Mit einer Halbierung des Verbrauchs von tierischen Produkten wären noch 300.000 t Futtersoja nötig, was etwa 103.000 ha Ackerland erfordern würde. Von den 1,3 Mio. ha Ackerland in Österreich werden auf etwa der Hälfte (668.000 ha) Futtermittel angebaut, vor allem Getreide. Davon würden also etwa 334.000 Hektar frei – mehr als dreimal so viel wie für den Anbau von Futtersoja nötig wäre. Was könnten wir mit dem übrigen Ackerland alles machen? Lebensmittel für Menschen anbauen statt importieren, Energiepflanzen anbauen statt Erdöl verbrennen, renaturieren etc. etc. Wie gesagt, in diesem Szenario sind wir weit von Vegetarismus entfernt. Wir entledigen uns nur des krankmachenden Überschusses an tierischen Nahrungsmitteln.

Ist das nicht schön, wenn es für ein großes Problem eine einfache Lösung gibt? Mahlzeit!