Die Bilder sind bewegend. Seit Anfang Juni wird im Mittelmeer ein Finnwal gesichtet, dem die gesamte Schwanzflosse (Fluke) fehlt. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass ein Schiffspropeller die Fluke vom Leib des Finnwals abtrennte. Schiffskollisionen mit Großwalen, aber auch mit kleineren Meeressäugern, Schildkröten und Haien sind leider keine Seltenheit.

Zunächst wurde OceanCare von Dr. Alexandros Frantzis informiert, unserem Kooperationspartner und Leiter des von OceanCare getragenen Projektes zur Vermeidung von Schiffskollisionen SaveMoby in Griechenland. Der Finnwal wurde vor dem östlichen «Finger» der Peloponnes gesichtet. Vor wenigen Tagen erfolgte eine Sichtung in der Straße von Messina südlich von Sizilien. Es ist erstaunlich und beeindruckend, dass das Tier trotz einer solchen Einschränkung weiter am Leben ist, und gleichzeitig sehr beklemmend, da die Aussichten auf ein längeres Leben nicht wirklich gegeben sind.

Kein Einzelfall

“Kollisionen mit Transportschiffen sind insbesondere für große Walarten weltweit eine Bedrohung. Im Mittelmeer ist der Zusammenstoß mit Schiffen eine der Haupttodesursachen für Finnwale und Pottwale. Wir können das Ausmaß jedoch nur erahnen, denn nur ein Bruchteil der betroffenen Tiere wird an einen Strand gespült und somit sichtbar für uns Menschen“, sagt Nicolas Entrup, Co-Leiter für Internationale Zusammenarbeit bei OceanCare.

Sogenannte „HotSpots“ für Kollisionen von Transportschiffen mit Walen im Mittelmeer sind:

o Hellenischer Graben: Pottwale
o Straße von Gibraltar: Finnwale und Pottwale
o Balearen: Finnwale und Pottwale
o östliche Alborán-See: Finnwale und Pottwale

Zuletzt hatte OceanCare anlässlich des Welt-Ozean-Tages auf die Gefahr hingewiesen, die die Transportschifffahrt in einigen Regionen für Wale darstellt, und das in Entwicklung befindliche Innovationsprojekt SAvE Whales vorgestellt. Hier geht es zur Medienmitteilung. Im November 2019 hatte OceanCare gemeinsam mit Partnerorganisationen an der Walschutzkonferenz für das Mittelmeer und Schwarze Meer Anrainerstaaten überzeugt, einen Beschluss zu fassen, der ein konkretes Maßnahmenpaket zur Reduktion des Kollisionsrisikos vorsieht. Das Schicksal des gesichteten Finnwales macht die Notwendigkeit deutlich. Die Reduktion der Schiffsgeschwindigkeit wäre rasch umzusetzen und schon eine Verringerung um 10% würde das Kollisionsrisiko halbieren.