Am 12. September 2021 hat eine Delfinart – besser die Tötung dieser – für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. An diesem Tag wurden auf den Färöer-Inseln im Zuge des Grindadrap, also der traditionellen Jagd auf Grindwale, 1428 Atlantische Weißseitendelfine getötet. Problematisch an dem Unterfangen war jedoch nicht nur die Brutalität und die Anzahl der getöteten Tiere, auch die Tatsache, dass über den Weißseitendelfin, dessen Populationsgröße wie -struktur im Atlantik nur wenig fundierte Daten vorliegen, bereitet Grund zur Sorge.
Etwa 200 Meilen westlich von Schottland befinden sich die Färöer-Inseln, eine autonome Region innerhalb des Königreichs Dänemark. Die färöische Bevölkerung betreibt bereits seit den 1580er Jahren Jagd auf vor allem Grindwale, ebenfalls delfinartige Wale. Seitdem haben sich sowohl die Methoden als auch die Technik der Walfänger deutlich verändert. Heute werden die Meeressäuger mit Hilfe von Motorbooten und Funkgeräten in ganzen Schwärmen in die Buchten an der Küste getrieben und dort im seichten Wasser getötet. Die Treibjagd auf die Kleinwale findet auf den Färöern ganzjährlich statt, im August und September befindet sie sich auf ihrem Höhepunkt – im vergangenen Herbst erreichte die Anzahl an getöteten Tieren den höchsten Wert seit 1992.
Wie viele weitere Kleinwale ist auch der Atlantische Weißseitendelfin durch mehrere anthropogene Aktivitäten und Einflüsse bedroht, dazu gehören Schadstoffe die in die Ozeane gelangen, Beifang in der Fischerei, Unterwasserlärm und ein schwindendes Angebot an Beutetieren. Auch der Walfang gilt als Bedrohung für die Tiere und ihre Population. Der Atlantische Weißseitendelfin zählt zu den am schlechtesten erforschten im Nordatlantik beheimateten Walarten und zugleich zu den am stärksten ausgebeuteten. Oftmals waren die Meeressäuger Beifang in der Jagd auf Grindwale, im vergangenen Herbst konnte davon jedoch nicht die Rede sein.
Aufgrund der dürftigen Datenlage kann momentan keine Aussage dazu getroffen werden, was diese Aktion für die Gesamtpopulation der Art im Atlantischen Ozean bedeutet. Die Populationen des Weißseitendelfins weisen in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet eine geringe mtDNA-Nukleotidvielfalt auf und sind daher möglicherweise einem weiteren Verlust der Vielfalt ausgesetzt, wenn sie durch Beifang und direkten Entnahmen bedroht werden. Die Delfinart wird in Grönland, Neufundland, Norwegen, Kanada und den Färöer-Inseln gejagt und gilt darüber hinaus als für den Klimawandel und seine Folgen besonders anfällig. Der Wissenschaftsausschuss der IWC (International Whaling Commission) hat erst kürzlich festgehalten, dass die Datenlage zu dieser Art allgemein als unzureichend angesehen wird. Hier sind Arbeiten geplant, die in Zukunft zur Erhaltung der Art beitragen sollen (IWC 2021).
Nachdem im vergangenen Jahr zahlreiche NGOs, darunter OceanCare, Pro Wildlife, WDC, ExpertInnen und Medien das Aus des Walfangs forderten, äußerte sich auch die dänische Regierung dazu, dass eine Evaluierung der Jagd auf den Atlantischen Weißseitendelfin erfolgen soll. Für die NGOs zurecht zu wenig, fordert man, dass die Bejagung sämtlicher Arten auf den Färöer-Inseln überprüft werden sollte. Was den Atlantischen Weißseitendelfin betrifft ist das Fazit aber klar: weder aus ethischen Gründen, noch basierend auf der geringen Datenlage lässt sich eine direkte Bejagung rechtfertigen. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten, ausgenommen Dänemark, haben sich diesbezüglich auch klar positioniert. Bleibt zu hoffen, dass das zivile Engagement und der politische Druck dazu führen, diese Kleinwalart im Atlantik künftig vor sinnloser Ausbeutung zu schützen.
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