Fast vier Jahre währte eine Auseinandersetzung „David gegen Goliath“ zwischen einer kleinen ländlichen Gemeinde in Australien, unterstützt von OceanCare und den Silent-Oceans-Partnern, und einer Gruppe globaler Ölindustrie-Giganten. Nun hat der „David“ einen wichtigen Sieg errungen.
BP beantragte eine Bewilligung für vier Probebohrungen in den Gewässern der Großen Australischen Bucht vor der Küste Südaustraliens. Das Unternehmen hofft, hier kommerziell nutzbare Mengen an Kohlenwasserstoffen zu finden. Für die Probebohrungen sind mobile Offshore-Ölbohrplattformen vorgesehen, die entweder dynamisch positioniert oder mit Ankern befestigt werden (oder eine Kombination aus beidem).
Dieses Vorhaben stieß, ebenso wie drei weitere Vorhaben in der Region, auf erbitterten Widerstand der Bevölkerung, insbesondere auf Kangaroo Island. Ihre Sorge galt gleichermaßen den Meerestieren und der Fischereiwirtschaft.
Vorigen Monat signalisierte die australische Sicherheits- und Umweltbehörde für Offshore-Bohrungen (NOPSEMA), dass die vorgelegten Pläne für die Öl- und Gas-Exploration in der Bucht unbefriedigend seien, und dass mehr Zeit für ihre Beurteilung erforderlich sei.
Am 16. November 2015 entschied NOPSEMA entgegen den Erwartungen, dass BPs Umweltpläne für die Probebohrungen unzureichend sind.
Die Große Australische Bucht ist Heimat zahlreicher gefährdeter Arten: Australischer Seelöwe, Weißer Hai, Buckelwal, Blauwal, Südlicher Glattwal, Südlicher Blauflossen-Thunfisch, Weißbauchseeadler und Albatros haben hier ihren Lebensraum. Der bekannte Küstenbogen bildet die längste Klippenlinie der Welt, die sich über hunderte Kilometer erstreckt und bis zu 60 Meter hoch ist.
Nach Berechnungen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung hat die Menschheit bis 2050 ein CO2-Budget von 565 Gt, wenn sie die Wahrscheinlichkeit einer Klimaerwärmung um mehr als 2°C auf 20% beschränken will. Die Lagerstätten, die von den Regierungen und am Weltmarkt als Aktiva geführt werden, machen aber fast das Fünffache dieser Menge aus. Es kann also nur ein Fünftel dieser Vorräte gefördert werden, wenn das 2-Grad-Ziel erreicht werden soll. Doch die Ölindustrie will die Nutzung fossiler Brennstoffe weiterhin steigern.
„Das ist ein Gebiet von globaler Bedeutung. Die Gewässer sind unverzichtbare Fortpflanzungsgebiete für die Kolonien des Australischen Seelöwen, der hier seine Jungen aufzieht, und für die Südlichen Glattwale, die hier ihre Kälber säugen. Diese Region hat ein besseres Schicksal verdient, als von der Gefahr einer Ölpest bedroht zu werden“, bekräftigt Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare. „Jegliche Politik, welche die Offshore-Suche nach neuen Öl- und Gaslagerstätten in Gebieten wie der Großen Australischen Bucht fördert, ist zutiefst unverantwortlich. Wir fordern BP nachdrücklich auf, sein Vorhaben vollständig zurückzuziehen.“
Nach australischem Recht kann BP der NOPSEMA in einem vereinbarten Zeitrahmen zwei Mal modifizierte Pläne vorlegen. Diese werden von NOPSEMA von Grund auf neu geprüft.
Der Widerstand wird jedenfalls fortgesetzt, bis sich BP völlig zurückzieht, aber schon der jetzige moralische Sieg ist wunderbar – besonders für die kleine ländliche Gemeinde auf Kangaroo Island und für Silent Oceans.