Bei der Vertragsstaatenkonferenz der Barcelona-Konvention wurde beschlossen, die Gewässer zwischen den Balearen und dem spanischen Festland zu einem Besonderen Schutzgebiet von mediterraner Bedeutung (SPAMI) zu erklären. Lesen Sie dazu die Pressemitteilung von OceanCare, NRDC und Alianza Mar Blava.
Pressemitteilung
Stille Nacht für Wale vor den Balearen und Aus für die Ölerschließung
Spanisches Energieministerium muss alle Öl- und Gas-Explorationsprojekte und Erschließungsanträge, die diese Region betreffen, schubladisieren.
Madrid/Zürich, 18. Dezember 2017: Alianza Mar Blava, OceanCare und Natural Resources Defense Council begrüßen die Entscheidung der 20. Vertragsstaatenkonferenz der Barcelona-Konvention, dem Wal-Migrationskorridor zwischen den Balearen und dem spanischen Festland den Status eines Besonderen Schutzgebiets von mediterraner Bedeutung (Specially Protected Area of Mediterranean Importance, SPAMI) zuzusprechen, wie es die Organisationen seit mehr als zwei Jahren gefordert haben.
Diese Entscheidung der Barcelona-Konvention war sowohl in Spanien als auch international erwartet worden, da diese Meeresregion einen sehr hohen ökologischen Wert aufweist. Ihre große Bedeutung begründet sich nicht nur damit, dass hier die Wanderroute der Finnwale zu ihren Nahrungs- und Fortpflanzungsgebieten im nördlichen Mittelmeer verläuft. Die Region bietet auch Lebensraum und Nahrungsgründe für viele andere Wal- und Delfinarten (Pottwal, Großer Tümmler, Streifendelfin, Gemeiner Delfin, sowie tieftauchende Arten wie Grindwale und Cuvier-Schnabelwale) und für viele weitere Tierarten (Meeresschildkröten, Seevögel etc.).
„Das sind wirklich großartige Neuigkeiten für die Meerestiere in diesem Teil des Mittelmeers, eine Art Weihnachtsgeschenk. Aber die Entscheidung bedeutet auch eine Anerkennung der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung und der Stimmen aus der Zivilgesellschaft, und stellt eine angemessene Anwendung von Naturschutzinstrumenten dar“, sagt Nicolas Entrup, Sprecher für OceanCare und NRDC, zwei internationale NGO-Mitglieder der Alianza Mar Blava, die sich besonders für die Verminderung von schädlichem Lärm in den Weltmeeren einsetzen.
„Wir sind dankbar für die große Unterstützung für die Unterschutzstellung dieses Wanderkorridors für Wale und Delfine in den letzten Jahren durch spanische Volksvertretungen sowie durch Wissenschaftler und Naturschutzinstitutionen weltweit. Ihre Unterstützung war entscheidend für die Überwindung der Hindernisse, die diesen Prozess begleiteten“, sagt Carlos Bravo, Sprecher der Alianza Mar Blava, einer branchenübergreifenden Plattform, die sich um verbesserten Schutz des Mittelmeers bemüht. Zu dieser Allianz zählen derzeit mehr als 120 Mitglieder, darunter Regierungsstellen (von den Balearen und aus Katalonien), Privatunternehmen (aus Bereichen wie Tourismus, Fischerei und Schifffahrt) und Organisationen der Zivilgesellschaft.
In den Jahren 2016 und 2017 sprachen sich, nicht zuletzt auf Drängen von OceanCare, NRDC und Alianza Mar Blava, zahlreiche bedeutende Institutionen in Spanien für die SPAMI-Initiative aus. Darunter waren das spanische Parlament, das Parlament der Balearen, die Regionalregierungen der Balearen, Kataloniens und Valencias, die Inselräte von Mallorca, Minorca, Formentera und Ibiza, die Stadträte von Barcelona, Valencia und Palma de Mallorca, sowie die Gemeinderäte von Ibiza, Mahón, Ciutadella und vielen weiteren balearischen Gemeinden. Gleichzeitig gab es große Unterstützung aus der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft, z.B. durch eine Stellungnahme, die von 39 international anerkannten Meereswissenschaftlern und 36 Meeresschutzorganisationen mit Millionen Unterstützern unterzeichnet wurde.
Eine unmittelbare Konsequenz dieser Entscheidung ist, dass das Energieministerium Spaniens nun alle Öl- und Gas-Explorationsprojekte und Erschließungsanträge, die diese Region betreffen, schubladisieren muss. Insbesondere betrifft dies die Explorationsanträge „Nordeste 1 bis 12“ in Golf von León, die von Capricorn Spain Ltd, dem spanischen Tochterunternehmen des Ölkonzerns Cairn Energy, gestellt wurden, sowie das Projekt „Medusa“ von vier Ölkonzernen vor der Küste von Tarragona. Diese Projekte überlappen stark mit dem Gebiet des Wal-Migrationskorridors (siehe Karte).
Gemäß der Entscheidung der Barcelona-Konvention muss die spanische Regierung nun binnen sechs Monaten ihr Dekret im spanischen Amtsblatt veröffentlichen und damit den Wanderkorridor für Wale und Delfine zu einem Meeresschutzgebiet erklären. Damit wird in der Region auch ein vorbeugendes Schutzsystem eingerichtet. Der Amtsweg für dieses Dekret läuft schon seit November, ist aber noch nicht abgeschlossen.
Das vorbeugende Schutzsystem untersagt im Schutzgebiet seismische Untersuchungen (mit Luftdruckkanonen oder anderen Technologien) sowie sämtliche Abbautätigkeiten. Es wird maximal drei Jahre lang gelten, beginnend mit dem Zeitpunkt der Aufnahme des Gebiets in die SPAMI-Liste. In diesem Zeitraum muss es durch einen Nutzungs- und Managementplan ersetzt werden, der in der Barcelona-Konvention für SPAMIs vorgeschrieben ist.
Im Rahmen dieses Managementplans sind auch Maßnahmen vorzusehen, um den Unterwasserlärm in dem Gebiet zu vermindern. Unterwasserlärm gefährdet viele Meerestierpopulationen, insbesondere Waltiere, die in vielen ihrer Aktivitäten (Orientierung, Nahrungssuche, Fortpflanzung) aufgrund ihrer Physiologie auf Akustik angewiesen sind.
Link zum oben erwähnten Statement von Wissenschaftlern und NGOs: https://www.oceancare.org/wp-content/uploads/2017/12/SPAMI-Statement_Dec2017.pdf
Rückfragehinweis: Nicolas Entrup, Sprecher für OceanCare und NRDC, T. +43 660 211 9963, email: nentrup@oceancare.org