Über Metallica, den Roman „Schnee“ von Orhan Pamuk, das Laufen und warum ein ehemals von Obdachlosigkeit Betroffener begeistert.
Das Last Interview mit Nicolas Entrup
Nicolas Entrup ist ein Tier-, Arten- und Umweltschützer aus Österreich. Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich Entrup in diesen Bereichen und setzt internationale Kampagnen um.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Schnee“ von Orhan Pamuk, ein großartiger Roman, in dem ethnische Konflikte in der Türkei genauso eine Rolle spielen, wie der Kampf um den Einzug der Religion in den Staatsapparat. Spannend wird der Roman, weil er in einer Zeit spielt, in der das Kopftuch an Universitäten verpönt und der Zugang von Kopftuchträgerinnen zur wissenschaftlichen Leere untersagt ist. Setzt man die Geschehnisse des Romans in Bezug zu den Entwicklungen der letzten Monate in der Türkei, so ist dies Boden eines sehr reflektierten gesellschaftskritischen Diskurses. Dem Schnee, der auf Grund des intensiven Schneefalls die Abreise von Akteuren aus dem Ort der Geschehnisse verhindert, kommt selbst auch symbolische Bedeutung zu, wenn man sich der Tatsache erinnert, dass jede Schneeflocke selbst einzigartig individuell ist und was Schnee bewirkt, wenn dieser zu einer gewaltigen einheitlichen Masse wird. Aktuell lese ich „Blackout“ von Marc Elsberg, das nicht nur spannend, sondern ebenso top aktuell ist…
Was war der letzte gute Film, den Sie geschaut haben?
Gute Frage. Ich schaue selten fern. Im Kino sah ich zuletzt „Rogue One: A Star Wars Story” am Silvester-Abend, das war mal echt was anderes und sehr unterhaltsam. Vor allem das Ende fand ich ziemlich mutig.
Das letzte gute Album, das Sie gehört haben?
Das neue Metallica Album „Hardwired … to Self-Destruct“ ist ziemlich lässig, weil es sich auf die Wurzeln der Band rückbesinnt. Ich musste schon schmunzeln, wenn man plötzlich denkt, da sind Iron Maiden oder Rainbow am Werk. Auch definieren sich die Solos nicht über die Anzahl der innerhalb von Sekunden wiedergegebenen Töne, sondern sind extrem spannend und melodiös in den Song integriert. Moth Into Flames – Weltklasse!
Welches Konzert zuletzt besucht?
Alter Bridge mit „Living Colour“ als Vorband. Ich hatte mich gar nicht informiert, wer als Vorband auftritt und konnte es kaum glauben. Da musste sich der Hauptact ordentlich anstrengen, um nachzulegen!
Welchen Zoo zuletzt besucht?
Das ist schon ein Weilchen her. Ich lehne Zoos zwar nicht grundsätzlich ab, doch sollte die Haltung einiger Arten, wie z.B. Elefanten, Menschenaffen und Meeressäuger, strikt untersagt sein. Meist besuche ich Zoos, um Missstände aufzuzeigen und, um eben mich selbst davon zu überzeugen, ob gewisse Kritikpunkte gerechtfertigt sind. Vor wenigen Jahren hatte ich eine Klage gegen den Tiergarten Nürnberg eingereicht, um die Freigabe von Informationen an die Öffentlichkeit zu erwirken. Anlass war die hohe Anzahl verstorbener Delfinkälber. Wir haben in jeder Instanz gewonnen. Warum ich das an dieser Stelle erwähne ist, da die Argumentation des Zoos, der u.a. auch mit öffentlichen Mitteln unterstützt wird und Informationen nicht veröffentlichen wollte, sehr aussagekräftig über die eigenen Motive war. Die Zoobetreiber argumentierten, dass die Delfinhaltung in Zoos keinerlei Bedeutung für den Artenschutz habe und somit auch das Umweltinformationsgesetz nicht anzuwenden sei. Also genau das Gegenteil von dem, was man in sämtlichen Broschüren von Tiergärten als „Eigenlob per Eigendefinition“ nachlesen kann. Ein bisschen mehr Selbstreflexion, kritische Hinterfragung und eine öffentliche Diskussion würde Zoos nicht schaden.
Wann waren Sie das letzte Mal enttäuscht?
Beim Hören des Ö1-Morgenjournals am Tag nach der Präsidentschaftswahl in den USA.
Welche gute Nachricht haben Sie zuletzt gelesen?
Hmmmmm, also beeindruckt war ich von der Antrittsrede Van der Bellens im Nationalrat. Nachdem er die üblichen Danksagungen hinter sich gebracht hatte, begann eine erfrischende, positive Ansprache, die ich mit Freude zur Kenntnis nahm. Solche Reden sind schon extrem wichtig, um dem Nörgeln und Schlechtreden etwas Verbindendes und Positives entgegenzusetzen.
Welche Person hat Sie zuletzt begeistert?
Jan Chlebovec. Ein ehemals von Obdachlosigkeit Betroffener, der es in den letzten Jahren ziemlich schwer hatte und sich entschied, mit dem Laufen zu beginnen, um bei einer karitativen Aktion mitzumachen, die jene Spenden für jene Notschlafstelle sammelt, die ihm damals ein Dach über den Kopf gab (siehe letzte Frage!).
Welches Tier zuletzt in freier Wildbahn gesehen?
Eigentlich sehe ich jeden Tag einige Vögel. Tja, auch mehrdeutig. Was mich aber stets aufs Neue begeistert, ist die Sichtung eines Schwertwals, auch Orca genannt, in freier Wildbahn. Kaum zu toppen, nicht zu vergessen.
Was war der letzte ganz besondere Moment in Ihrem Leben?
Den habe ich jeden Tag, wenn ich meine Kinder sehe!
Wo haben Sie zuletzt Urlaub gemacht?
In den Bergen im Salzburger Land und davor war ich in New York. Somit ein ziemlicher Kontrast aber beides genial.
Die letzte Frage ist keine Frage. Hier haben Sie Platz, um von einem Projekt zu erzählen, einfach etwas Schönes zu sagen oder zu schweigen. Was Sie möchten.
„Home Run – we run for homeless“ ist eine private Initiative, die ich gemeinsam mit Mira Kloss-Zechner entwickelt und ins Leben gerufen habe. Eine Aktion im Rahmen des Vienna City Marathons, die Spenden für die Finanzierung der von Frau Cecily Corti gegründeten Notschlafstelle der VinziRast sammelt. Jeder kann mitmachen. Nach dem Motto „Ich laufe – du spendest – wir helfen“ wollen wir möglichst vielen von obdachlosen Menschen ein Dach über dem Kopf geben. Die Aktion ist super angelaufen und ich hoffe auf weitere LäuferInnen und ganz viele Menschen, die mitmachen. Das Schönste an der Aktion ist, dass bereits ehemals Betroffene selbst Mitlaufen, um akut Betroffenen zu helfen. Auch haben wir zahlreiche Flüchtlinge, die nun regelmäßig laufen, sich mit ihren neuen Mitbürgern austauschen, interagieren und sich Ziele setzen. Für alle Involvierten ist das eine schöne Erfahrung.
Hier findet ihr mehr Infos dazu: www.homerunvienna.com